Sucht man mit dem Navi oder einem der Internet-Kartendienste nach dem Dalles in Wächtersbach-Neudorf, so wird man mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht fündig. Fragt man jedoch einen beliebigen Einheimischen, so wird man mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit zum kleinen Platz vor dem ehemaligen Rathaus geschickt, der früher einmal den Mittelpunkt des damals selbständigen Dorfes gebildet hat.
Gestern
Auf Postkarten, die ungefähr um das Jahr 1900 gedruckt wurden, ist das Rathaus vom Dalles aus zu sehen:
Mitte des 20. Jahrhunderts sah die Ortsmitte noch ganz anders aus als heute:
Die Luftaufnahme, die etwa aus dem Jahr 1956 stammt, zeigt den Bereich südlich und südwestlich des Rathauses, dessen Turmspitze gerade noch so eben am unteren Bildrand in der Mitte auftaucht. Die Straße, die im rechten Bilddrittel zu sehen ist, heißt heute „Am Rosengarten“.
Einige der Häuser, die auf dem Bild zu sehen sind, wurden in den 1970er Jahren abgerissen, um Platz für den Bau der neuen Straße mit Bahnüberführung nach Aufenau zu schaffen. Diese ersetzte den schienengleichen Bahnübergang in der Aufenauer Straße, gleich bei der damaligen Bäckerei Kistner/Henkel. Da die neue Straße weiträumig an Kinzighausen vorbei führt, wurde auch der dortige Engpass beseitigt.
Durch die neue Straße nach Aufenau entstand die heutige Verkehrsführung mit einer Doppelkreuzung: Wer aus Aufenau (über die Kreisstraße K886) oder Wächtersbach (über die Straße "Am Rosengarten") kommend in die Aufenauer Straße (früher: Hauptstraße) möchte, muss erst in die Birkenstraße einfahren, um dann nach wenigen Metern rechts abzubiegen.
Heute (2014)
Auf den ersten Blick sieht der Bereich rund um den Dalles mit dem Alten Rathaus ganz nett aus.
Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch eine Reihe von Problemen:
- Das Wartehäuschen an der Bushaltestelle befindet sich in einem traurigen Zustand. Die Holzkonstruktion könnte sowohl außen als auch innen dringend eine Renovierung vertragen. Darüber hinaus ist der Bereich häufig vermüllt, der Boden mit Glasscherben bedeckt. Insgesamt also alles andere als ein lauschiger Ort.
- Obwohl täglich morgens zahlreiche Kinder auf ihre Schulbusse warten und aus diesen mittags aussteigen, gibt es keinen Zebrastreifen und schon gar keine Fußgängerampel, die eine sichere Überquerung der Birkenstraße ermöglichen würden.
- Größte Schwachstelle ist jedoch die Verkehrsführung. Trotz der bepflanzten Verkehrsinsel und unter Missachtung der Rechts-vor-links-Vorfahrtsregelung fahren immer noch zu viele Fahrzeuglenker mit relativ hohem Tempo von Aufenau kommend in Richtung Weilers. Dadurch ist bereits mindestens ein Unfall mit erheblichem Sachschaden passiert, von den vielen Beinahe-Karambolagen einmal abgesehen.
Offensichtlich besteht also deutlicher Handlungsbedarf. Daher ist es auch alles andere als verwunderlich, dass eine Neugestaltung des Dalles Aufnahme unter die Maßnahmen zur Dorferneuerung gefunden hat. Im "Konzept Dorferneuerung-Neudorf in Bewegung" vom 01.07.2009 stand u.a. folgendes:
Der Dalles war ehemals Herz des Dorfes. Hier wurden in den 70er Jahren im Zuge der Bahntrassenüberquerung gezielt mehrere Hofreiten abgerissen.
Der Dorfmittelpunkt hat dadurch nicht nur seine einmalige Attraktivität verloren, sondern auch als Verkehrsknotenpunkt für den Durchgangsverkehr an Sicherheit für ältere Mitbürger und Kinder als Verkehrsteilnehmer eingebüßt.
Es wird immer noch zu schnell gefahren und die Veränderung der Verkehrsführung (rechts vor links) findet kaum Beachtung.
Durch den Rückbau der viel zu groß dimensionierten Straßen auf die notwendige Mindestfahrbahnbreite jedoch, dem Entsiegeln der bituminösen Flächen, dem Pflanzen von zusätzlichen Bäumen, dem Aufstellen von Ruhebänken sowie durch das Anbringen von historischen Dorflampen ist erheblich mehr Dorfidylle zu erreichen.Eine Sanierung des alten Rathauses nach historischen Vorgaben (u.a. Farbgebung) und das Versetzen des Dorfbrunnens auf Natursteinpflaster vor dem Gebäude würde eine wieder gewonnene Attraktivität des ehemaligen Dorfmittelpunktes bewirken.
Morgen (nach 2014)
Durch die Aufnahme in die Förderung im Rahmen der Dorferneuerung sollen die oben genannten Ziele umgesetzt werden. Allerdings fördert das Dorferneuerungsprogramm nur die Fußgängerflächen bzw. die gestalteten Randbereiche. Daher sind für die Maßnahme mehrere Beteiligte mit im Boot:
- das Planungsbüro Werneke aus Hanau für die Planung,
- die Stadt Wächtersbach für die Beantragung der Fördermittel zur Umgestaltung der Straßen- und Kreuzungsbereiche, eventuell aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG),
- Hessen Mobil (das frühere Straßenbauamt) für die Freigabe dieser Finanzmittel, für die Bushaltestelle und für die Verkehrsführung....
- .... und nicht zuletzt der Arbeitskreis Dorferneuerung Neudorf.
Im Laufe der Zeit sind eine Reihe von Entwürfen entstanden, die unter den folgenden Links heruntergeladen werden können:
- Entwurf von Gerhard Seitz aus 2009,
- Skizze des Planungsbüros nach der Arbeitskreis-Sitzung vom 02.09.2013,
- Entwurf des Planungsbüros aus Dezember 2013,
- Verbesserungsvorschlag von Gerhard Seitz vom 22.06.2014
Die notwendigen Abstimmungs- und Genehmigungsprozesse ziehen sich leider ein wenig hin, sodass ein Termin für die Realisierung des neuen Dorfplatzes noch nicht genannt werden kann.