Schon seit einigen Jahren steht in der Neudorfer Gemarkung ein Storchenmast in der Wiesenaue südwestlich des Dorfes. Man konnte auch immer wieder einmal Störche sehen, die die Plattform als Rastplatz genutzt haben. Doch der eigentliche Zweck des Storchenmastes, nämlich einem Storchenpaar als Nistplatz zu dienen, wurde lange nicht erreicht.
Doch 2016 sollte es anders werden: Wenn man im April auf den Spazierwegen südwestlich von Neudorf unterwegs war, konnte man oft ein Storchenpaar auf dem Storchenmast sehen, manchmal auch bei der aktiven Familienplanung. Seit der letzten Aprilwoche saß immer einer der Störche brütend auf der Plattform, während der andere Storch dabei beobachtet werden konnte, wie er Nistmaterial auf den Storchenmast transportiert.
Da die Brutdauer bei Weißstörchen 30-32 Tage beträgt, sollte es also Ende Mai oder Anfang Juni junge Störche in Neudorf geben. Tatsächlich konnte man zu diesem Zeitpunkt eine Änderung im Verhalten beobachten: Der Storch, der jeweils auf der Plattform „Dienst schob“, saß nicht mehr, sondern stand. Das bedeutete nichts anderes als: Die jungen Störche waren aus ihrem Ei geschlüpft und mussten jetzt gefüttert und beschützt werden. Auch dabei galt die Arbeitsteilung des Storchenpaares: Abwechselnd betreut einer der beiden den Nachwuchs, der andere sorgt für Nahrung.
Nach einigen Tagen konnte man dann die Jungstörche auch auf der Plattform sehen.
Dass das Bild technisch nicht perfekt ist, liegt daran, dass es sich um einen kleinen Ausschnitt eines Fotos handelt, das mit einer ziemlich einfachen Digitalkamera bei extremer Teleeinstellung aufgenommen worden ist. Hier das ursprüngliche Foto:
Update von Juli 2016
Waren die beiden Jungstörche auf dem Bild vom 10.06.2016 (s. oben) nur mit Mühe zu erkennen, so sind sie genau einen Monat später prächtig gewachsen (Bild rechts).
In den ersten 2-3 Wochen nach dem Schlüpfen war immer einer der Elternvögel auf dem Nest, um die Jungen zu bewachen. Im Juli 2016 sind die Jungstörche jetzt meist alleine auf dem Nest, denn sie sind offenbar inzwischen so groß und wehrhaft, dass sie keine Feinde mehr fürchten müssen.
Werner Peter ist der Storchenbeauftragte der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) im Main-Kinzig-Kreis. Die Weißstorchenpopulation im Kreis wurde von der HGON unter seiner ehrenamtlichen Federführung systematisch aufgebaut. Auch die fünf mittlerweile besetzten Storchenbrutmasten in den Auen bei Wächtersbach hat die HGON mühsam und aufwändig errichtet. Herr Peter hat uns auf Anfrage am 10.07.2016 folgende hochinteressanten Informationen zu den Neudorfer Störchen zukommen lassen:
"Bei dem Storchenpaar von Neudorf ist das Männchen beringt und trägt links überm Knie den Helgolandring DEW8X719. Bis dato habe ich noch keine Rückmeldung erhalten, wann und wo der Vogel beringt wurde. Das Storchenweibchen ist unberingt.
Ursprünglich waren im Neudorfer Storchenmast drei Junge geschlüpft. Einer davon überlebte allerdings nicht die Dauerregenperiode. Die beiden Überlebenden habe ich am 29.6.2016 per Hubsteigereinsatz beringt und natürlich hat auch hierfür die HGON die Kosten aufgebracht. Die nun sechswöchigen Jungen tragen seitdem die Ringe DEW5T627 und DEW5T628. Sie sind jetzt aus dem Gröbsten raus und werden voraussichtlich Ende Juli 2016 flügge werden.
Übrigens war der Storchenmast von Neudorf auch in diesem Jahr (wie in den Vorjahren) heftig umkämpft. Auch ein Hailerer aus der Generation 2014 (mit Ring 2T915, von mir beobachtet am 10.04.16), versuchte sich dort anzusiedeln, hatte aber letztendlich das Nachsehen. Dass es endlich mit der Adebaransiedlung bei Neudorf geklappt hat, ist vermutlich dem nassen Frühjahr zu verdanken, denn die Hundeausführexzesse in den Wiesen am Storchenbrutplatz waren dadurch reduziert."
Das unten stehende Bild entstand bei der Beringung der beiden Neudorfer Jungstörche:
Update vom 19.08.2016
Seit Ende Juli sind unsere beiden Jungstörche flügge und besuchen derzeit noch gelegentlich ihr Nest auf dem Storchenmast. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie in den nächsten Tagen ihre erste große Abenteuerreise antreten: Den weiten Flug über Tausende von Kilometern in die Winterquartiere in Südspanien oder Afrika. Mit einigen Tagen Abstand werden ihnen ihre Eltern auf der langen Reise folgen. Näheres zum Zugverhalten der Weißstörche finden Sie in diesem Wikipedia-Artikel.
Wenn auf der -keinesfalls ungefährlichen- Rundreise alles gut geht, werden wir "unsere" Störche dann im kommenden Frühjahr wieder zu Gesicht bekommen, und vielleicht klappt es ja auch 2017 mit dem Nachwuchs!